Hasselblad XCD 35-100E - Das letzte Objektiv, dass du kaufst?
Seit einem halben Jahr hatte ich die Möglichkeit, das Hasselblad XCD 35–100 E – Hasselblads brandneues Allround-Zoomobjektiv – ausführlich zu testen. Mit diesem Objektiv habe ich Werbekampagnen für Hasselblad fotografiert, eine Familienhochzeit hoch oben in den Alpen begleitet und meinen Fotoworkshop in Südspanien dokumentiert – und das alles, ohne auch nur ein einziges Mal das Objektiv zu wechseln. Und ehrlich gesagt: Das 35–100 E hat mich in jeder einzelnen Situation absolut überzeugt. Doch da gibt es etwas, das mich nachdenklich gemacht hat. Nach einem halben Jahr, in dem ich mich vollständig auf dieses Zoom verlassen habe, stehe ich vor einer interessanten Entscheidung. Denn genau das, was dieses Objektiv so unglaublich vielseitig und leistungsfähig macht, könnte auch der Grund sein, warum ich es nicht dauerhaft verwenden möchte. Was ich damit meine – und welche Erfahrungen ich mit dem XCD 35–100 E gemacht habe – erfährst du im folgenden Blogbeitrag.
Das vollständige Video-Review mit vielen Beispielaufnahmen findest du hier:
Erster Eindruck und technische Einordnung des Hasselblad XCD 35–100 E
Als ich das Hasselblad XCD 35–100 E zum ersten Mal aus der Verpackung nahm, war ich sofort begeistert. Genau so habe ich mir immer ein Mittelformatobjektiv immer vorgestellt: robust, präzise und mit spürbarer Substanz. Im Gegensatz zu seinen Prime-Geschwistern der V-Serie wirkt das neue Zoom deutlich massiver. Mit seinem Durchmesser von 90 mm liegt es mächtig in der Hand und vermittelt unmittelbar das Gefühl, mit einem Werkzeug von höchster Qualität zu arbeiten.
Die Verarbeitung ist auf Spitzenniveau. Fokus- und Zoomring laufen geschmeidig mit genau dem richtigen Widerstand. Das Metallgehäuse wirkt hochwertig, die Gravuren und Bedienelemente erinnern sofort an die ikonischen Objektive der klassischen V-Serie. Einzig die Focus-Clutch zum schnellen Umschalten in den manuellen Fokus vermisse ich bei diesem Modell.
Trotz des großen Bildkreises für den Mittelformatsensor ist das Objektiv erstaunlich kompakt. Mit einem Gewicht von 894 g liegt es fast exakt auf dem Niveau des Canon 24–70 mm f/2.8 (900 g) und ist deutlich leichter als das über 1 kg schwere Fujinon GF 45–100 mm. Mit 13,3 cm Länge ist es zwar etwas größer als das Canon-Pendant (12,6 cm), aber weit entfernt von den massiven 17,5 cm des Fuji.
Im Internet kursieren unterschiedliche Angaben zur Brennweitenumrechnung. Das liegt vermutlich daran, dass Hasselblad im offiziellen Datenblatt einen tatsächlichen Bereich von 36–97 mm nennt. Umgerechnet auf Vollformat ergibt sich daraus ein 28–76 mm f/2.2–3.2 – ein vielseitiger Bereich, der viele Anwendungsfelder abdeckt. Im Vergleich zur klassischen „Holy Trinity“ der Vollformatfotografie (24–70 mm f/2.8) verliert man rund 4 mm im Weitwinkel, gewinnt jedoch 6 mm im Telebereich – ein Vorteil, der sich besonders bei Landschaftsaufnahmen bemerkbar macht. Mit einer Anfangsblende von f/2.2 tritt das 35–100 E in Konkurrenz zum legendären Canon 38–70 mm f/2, und ist nur etwa ein Drittel Blende lichtschwächer als das übliche f/2.8-Zoom am langen Ende. Auch beim Mittelformat-Konkurrenten Fujifilm sucht das 35–100 E seinesgleichen. Kein Fuji-Zoom bietet einen vergleichbaren Brennweitenbereich oder eine Lichtstärke größer als f/4.
Die maximale Blendenöffnung verändert sich über den Zoombereich hinweg wie folgt:
• 35 mm: f/2.8
• 38 mm: f/3.2 (ca. ⅔ Blende schwächer als das XCD 38V)
• 55 mm: f/3.5 (ca. 1 Blende schwächer als das XCD 55V)
• 70 mm: f/4 (ca. ⅓ Blende schwächer als das XCD 75P)
Diese feinen Abstufungen machen das Objektiv zwar minimal lichtschwächer als manche Festbrennweiten, sorgen aber für eine konstante optische Leistung über den gesamten Bereich. Auch beim Verschluss setzt Hasselblad auf höchste Qualität. Der integrierte Leaf Shutter arbeitet zwischen 1/4000 Sekunde und 68 Minuten und ermöglicht dank des niedrigen Basis-ISO von 50 bzw. 64 selbst bei grellem Sonnenlicht Aufnahmen mit offener Blende und sanftem Bokeh. So vereint das XCD 35–100 E technische Präzision, Vielseitigkeit und klassische Hasselblad-Haptik in einem bemerkenswert ausgewogenen Objektiv.
Nachtfotografie mit Lightpainting mit der Hasselblad X2D II und dem XCD 35-100E, @35mm, 40 Sekunden, f/2.8, ISO 200
Praxiserfahrungen mit dem Hasselblad XCD 35–100 E – Flexibilität ohne Kompromisse
Genug von den technischen Details – wie schlägt sich das XCD 35–100 E im fotografischen Alltag? Während ich beim Kampagnenshooting für das Hasselblad XCD 20–35 E immer wieder das Gefühl hatte, dass mir das Objektiv zu weitwinklig ist, fühlte ich mich mit dem XCD 35–100 E sofort zuhause. Es deckt genau die Brennweiten ab, die ich am häufigsten verwende, und kombiniert meine beiden Lieblingsobjektive, das XCD 38V und das XCD 90V, in einem Gehäuse. Entsprechend nutzte ich das Objektiv in den ersten beiden Monaten fast ausschließlich an den Enden des Zoombereichs – bei 35 mm für weite Übersichten und bei 100 mm für komprimierte Details.
Besonders bei den Aufnahmen für den Hasselblad X2D II Launch erwies sich diese Flexibilität als großer Vorteil. Die Licht- und Wetterverhältnisse änderten sich während der Produktion ständig, doch das 35–100 erlaubte es mir, schnell auf jede Situation zu reagieren und ein abwechslungsreiches, stimmiges Portfolio zu erstellen. Wenn du dir unsicher bist, wie du deine Hasselblad X2D oder X2D II optimal einstellst, um die bestmögliche Effizienz und Bildqualität zu erzielen, findest du auf meiner Website meinen X2D Setup-Guide, in dem ich dir Schritt für Schritt erkläre, wie du das Beste aus deiner Kamera herausholst:
An windigen Tagen fiel mir auf, dass das Objektiv im ausgefahrenen Zustand deutlich mehr Bewegung aufnimmt als die kompakteren Festbrennweiten. Wo es das Motiv zuließ, habe ich mich deshalb als Windschutz vor die Kamera gestellt – ein simpler, aber effektiver Trick, um Verwacklungen zu vermeiden. Ein besonderes Erlebnis war die Hochzeit meines Schwagers im Zillertal, auf der ich die Gelegenheit hatte, das Objektiv unter echten Reportagebedingungen zu testen. Da kein offizieller Fotograf gebucht war, übernahm ich die fotografische Begleitung der Trauung und einige Paaraufnahmen. In dieser spektakulären Bergkulisse hätte ich dem Auslöser ohnehin nicht widerstehen können – und das XCD 35–100 E war der perfekte Begleiter dafür. In Kombination mit der neuen X2D II machte das Fotografieren einfach Spaß. Vom engen Portrait über weitläufige Landschaftsaufnahmen bis hin zu Detailbildern der Ringe – mit diesem Setup entsteht ein echtes „Flow“-Gefühl. Innerhalb von nur 40 Minuten entstanden über 300 Aufnahmen, und keine einzige war unscharf. Der kontinuierliche Autofokus mit Subject Detection hielt präzise auf dem Brautpaar, während ich über die Almwiesen rannte, zoomte und mich ganz auf die Bildkomposition konzentrieren konnte. Wer das Zusammenspiel von Brennweite und Motivabstand versteht, kann mit diesem Objektiv bei jeder Einstellung ein wunderbar plastisches Bokeh erzeugen – eines, das Kontext bewahrt und das Hauptmotiv dennoch sanft vom Hintergrund trennt. Selbst während der Trauung, bei der sich keine Aufnahme wiederholen ließ, funktionierten das 35–100 E und die X2D II zuverlässig und schnell.
Langzeitbelichtung aus der Hand am Strand von Nerja, Spanien. Hasselblad X2D II mit XCD 35-100 E, @70mm, 1 Sekunde, f/9, ISO 50
Reisen mit leichtem Gepäck – Das XCD 35–100 E im Praxistest unterwegs
Bei meinem letzten Fotoprojekt stand die Portabilität des Objektivs im Vordergrund. Für meinen Fotoworkshop in Südspanien reiste ich ausschließlich mit Handgepäck – kein zusätzlicher Rucksack, kein überflüssiges Equipment. Kleidung, Kameraausrüstung und der Laptop für die Bildbearbeitungs-Sessions mussten vollständig in den neuen Peak Design Roller Pro und einen Medium Camera Cube als persönlichen Gegenstand passen. Das bedeutete: kein Stativ, keine Objektivalternativen – nur die Hasselblad X2D II, das XCD 35–100 E sowie ein Set aus ND- und Polfiltern.
Trotz dieses minimalistischen Setups machte sich das Gewicht im Laufe langer Shootingtage bemerkbar. Bei sommerlichen 30 °C fühlte sich die Kamera zunehmend schwerer an, und beim Gehen drückte sie, am Schultergurt hängend, spürbar gegen die Hüfte. Nicht dramatisch, aber deutlich mehr als beim rund 500 g leichteren XCD 38V. Der Vorteil dieses Setups lag dafür auf der Hand: Ich musste mir keine Gedanken über Staub auf dem Sensor machen. Ein Zoomobjektiv, das man nicht wechseln muss, ist wohl der effektivste Staubschutz, den man für eine Hasselblad-Kamera bekommen kann.
Auch hier zeigte sich wieder die Stärke des Systems – seine Vielseitigkeit. Mit nur einer Kamera und einem Objektiv konnte ich problemlos zwischen unterschiedlichen Motiven wechseln:
• Langzeitbelichtungen bis zu einer Sekunde aus der Hand,
• Architekturfotografie mit präziser Linienführung,
• Detailaufnahmen im botanischen Garten,
• und sogar ein spontanes Portraitshooting am Strand mit einer Influencerin.
Alles war machbar – und die Bildqualität war, wie von Hasselblad zu erwarten, überragend. Bereits bei offener Blende sind Details bis in die Bildecken gestochen scharf. Chromatische Aberrationen traten im Alltag keine auf, und die leichte Vignettierung, die bei Offenblende sichtbar ist, verschwindet ab etwa f/8 bis f/11 vollständig – genau in dem Blendenbereich, in dem ich am häufigsten arbeite.
Sogar für Astrofotografie erwies sich das 35–100 als erstaunlich brauchbar. Bei 38 mm und f/2.8 lassen sich selbst ohne Mondlicht beeindruckende Ergebnisse erzielen. Für punktförmige Sterne sollte die Belichtungszeit auf maximal acht Sekunden begrenzt werden – in Kombination mit ISO 3200 entstehen detailreiche Aufnahmen, wie ich sie etwa im El Torcal Nationalpark aufnehmen konnte. Auch die Workshop-Teilnehmer waren von der Handhabung und Bildqualität des neuen Zooms begeistert – so sehr, dass ich das Objektiv zwischendurch kaum wiederbekam. Übrigens findest du meine neuen Workshop-Termine für 2026 bereits auf der Website:
Das Hasselblad XCD 35-100 E liegt toll in der Hand und ist leichter als man denkt.
Persönliches Fazit zum Hasselblad XCD 35–100 E – Zwischen Vielseitigkeit und fotografischer Disziplin
Kommen wir zurück zu meinem anfangs erwähnten Zögern in Bezug auf das Hasselblad XCD 35–100 E. Nach all den positiven Eindrücken und der berechtigten Begeisterung könnte man meinen, dass es an diesem Objektiv kaum etwas auszusetzen gibt – und das stimmt im Grunde auch. Ich bin überzeugt, dass das 35–100 E eines der meistverkauften Objektive im Hasselblad-Line-up werden könnte. Es ist vielseitig, optisch hervorragend und gleichzeitig kleiner, leichter und preiswerter, als wenn man sich zwei hochwertige Festbrennweiten anschafft. Übrigens, wenn du bei deinem nächsten Kauf von DJI oder Hasselblad Technik Geld sparen möchtest, dann nutze diesen Link zum Onlineshop der DJI Stores Deutschland und bekomme deinen Rabatt direkt angerechnet.
Trotzdem freue ich mich nach sechs Monaten intensiver Nutzung des Zooms wieder auf meine vertrauten XCD 38V und XCD 90V. Meine Art zu fotografieren ist sehr strukturiert. Wie du aus meinen Projekten und Videos vielleicht weißt, arbeite ich meist an klar definierten Themen mit einer bewussten Bildsprache und einer präzisen Herangehensweise an Komposition und Brennweite. Mit dem 35–100 habe ich gemerkt, dass ich dazu neige, „einfach mit dem Flow“ zu fotografieren – intuitiv zu zoomen, anstatt die Brennweite gezielt nach ihrem charakteristischen Look und ihrer Wirkung auf die Bildkomposition auszuwählen.
Eine Festbrennweite zwingt mich dazu, bewusster zu arbeiten. Mein Auge gewöhnt sich an den festen Bildausschnitt, und ich beginne, gezielt nach Motiven zu suchen, die in diesen Rahmen passen. Das hat mir in den letzten Monaten wirklich gefehlt – dieses fokussierte, reduzierte Arbeiten, das zu einer konsistenteren Bildsprache führt. Auch den Focus Clutch der V-Serie schätze ich sehr beim manuellen Fokussieren – selbst wenn das Fokusrad des 35–100 E technisch präzise und angenehm zu bedienen ist.
Das führt zu einem Fazit, das die Balance zwischen technischer Perfektion und persönlichem Stilbewusstsein beschreibt. Das Hasselblad XCD 35–100 E liefert in jeder Hinsicht Spitzenleistung – Blende, Schärfe, Kontrast und Farbtreue stehen auf Augenhöhe mit den besten Festbrennweiten. In einigen Punkten übertrifft es sie sogar, etwa mit seinem modernen Stepping-Autofokusmotor und der maximalen Verschlusszeit von 1/4000 Sekunde. Zwar ist es nicht ganz so leicht und kompakt wie eine einzelne Festbrennweite, doch wer regelmäßig zwischen zwei Brennweiten arbeitet, spart Gewicht, Platz und Geld. Außerdem schützt man den Sensor durch weniger Objektivwechsel, arbeitet schneller und kann flüchtige Momente leichter festhalten.
Das Objektiv ist ein echter Allrounder und wird in vielen Bereichen ein treuer Begleiter sein – von Werbe- und Modefotografie über Reportagen und Reisefotografie bis hin zu Portrait- und Produktaufnahmen (mit Ausnahme von Makros). In diesen Situationen wirst du eine Festbrennweite kaum vermissen. Besonders in Kombination mit dem XCD 20–35 E oder dem XCD 25V deckt das Zoom einen Brennweitenbereich ab, der für ein fotografisches Lebenswerk genügt – bei maximaler Bildqualität, bester Verarbeitung und modernster Autofokus-Technologie.
Wenn du hingegen die bewusste Reduktion, das leichtere Gepäck und die kreative Disziplin einer Festbrennweite bevorzugst, passt das 35–100 E dennoch perfekt in Hasselblads System. Es lässt sich hervorragend mit Leichtgewichten wie dem XCD 28P oder Spezialisten wie dem XCD 120 Macro kombinieren. Und nicht zu vergessen: Hasselblad selbst bezeichnet das 35–100 E als das zweite Objektiv der „Holy Trinity“ – viele von uns warten also gespannt auf das noch fehlende echte Teleobjektiv. Aktuell arbeite ich übrigens mit einer ganz anderen Art von Hasselblad-Objektiv – einem, von dem du wahrscheinlich noch nie gehört hast. Wenn du wissen möchtest, was es damit auf sich hat, dann abonniere gern meinen YouTube Kanal.
Bis zum nächsten Mal und viel Spaß beim Fotografieren!